Vor dem Hintergrund erziehungswissenschaftlicher Theorien zur pädagogischen Situation und Kommunikation im Kontext des sog. Ungewissheitsdiskurses und eigener Vorarbeiten zu „produktiver Unsicherheit“ (vgl. Miethling & Krieger, 2004) wurde dazu eine neue Rekonstruktionsweise von Sportunterricht aus Schüler- und Sportlehrersicht entwickelt, die sich des Ansatzes einer Kasuistischen Sportdidaktik sowie verschiedener Interviewtechniken bedient. Am Beispiel konkreter sportunterrichtlicher Situationen werden Eigenschaften, Facetten und typische Verläufe eines Erziehungsgeschehens im Sportunterricht untersucht. Die Ergebnisse sind in Form ausführlicher Fallrekonstruktionen dargestellt. An insgesamt neun Fällen wird aufgezeigt, wie sich Schüler und Lehrer im Sportunterrichtsgeschehen in ihren Erwartungen und Wahrnehmungen „verfehlen“, wie es zu erzieherisch produktiven „Annäherungen“ kommen kann und wie sich die Akteure in einem dynamischen Wechselverhältnis immer wieder neu balancieren und einander anpassen. Körperbezogene Aspekte spielen dabei eine bedeutsame Rolle. Die Ergebnisse münden in einem fallübergreifenden „Mehrebenen-Modell des unterrichtlichen Erziehungsgeschehens“.